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Die Leiden der Jugend in Werther

Thomas Kubo: Nach einem relativ kranken Verlauf des Mannschaftskampfes in Werther hieß es am Ende des Tages für SK II, in Fachkreisen auch genannt »Jugend forscht«, 5:3. Damit ist das Saisonziel Klassenerhalt mit einem Restfünkchen Hoffnung auf Aufstieg vorläufig erfüllt. Prost!

Das Ergebnis des Kampfes täuscht allerdings über den holperigen Verlauf hinweg.

An Brett 1 erspielte sich Leonhard nach der Eröffnung einen satten Zeit- und Stellungsvorteil. Sein Gegner behielt aber relativ cool die Nerven und spielte über zwanzig Züge unter hohem Zeitdruck schlicht weiter, ohne dass er sich eine Blöße gab. Leo verlor dann zwischendrin den Faden, und das Wertheraner Brett 1 gewann die Oberhand und dann auch die Partie.

Jörn hatte nach der Eröffnung leichten Stellungsnachteil an 2. Sein Gegner stellte ihm in einer Schlüsselstellung die Aufgabe, entweder die Dame zu opfern oder eine schlechte Stellung weiterzuspielen. Ein altes Duell Materie vs. Kraft bahnte sich dann an, denn Jörn entschied sich für die praktische Lösung und zimmerte die Dame rein. Wahrscheinlich war das Damenopfer für Jörn nachteilig, aber es bot Chancen. Flugs erhielt Jörn starkes Gegenspiel, das dann in eine hübsche Mattstellung mündete.

An Brett 3 spielte Aaron lange Zeit eine relativ langweilige Stellung weiter. Wahrscheinlich hat er sich den Pep-Talk von Mannschaftsführer Jörn vor der Runde zu sehr zu Herzen genommen, auf keinen Fall früh zu Remis zu machen, denn anstelle auf Ausgleich zu spielen, wanderte Aarons König in die gegnerische Stellung hinein, wurde vom schwarzen Turm abgesperrt, und Aaron konnte wenige Züge später aufgeben.

An Brett 4 holte Adrian gegen seinen nominell stärkeren Gegner einen vollen Punkt, nachdem in der Eröffnung relativ wenig los war.

An Brett 5 konnte der Berichterstatter nach einem relativ kläglichen Saisonverlauf seinen ersten Punkt holen. Mein Gegner spielte gegen meinen weißen Dulli-Aufbau eine Art Maroczy im Nachzug und behandelte ihn etwas unkonventioneller. In einer Schlüsselstellung opferte er einen Bauern für Gegenspiel, das er dann auch tatsächlich hatte. Nach ein paar gegenseitigen Ungenauigkeiten entstand ein gleiches Läuferendspiel, das meinem Gegner aber nach mehreren Zügen entglitt. In einer zweiten Schlüsselstellung, in der ich über 20 Minuten überlegte, griff ich allerdings ins Klo und erlaubte meinem Gegner eine Abwicklung in ein Remisendspiel mit falschem Läufer für mich oder mit einer beachtlichen Schaukel. Das sahen offenbar alle umstehenden Zuschauer, wie die Analyse zeigte, aber die beiden Protagonisten nicht. Allerdings ging dies nur einen Zug lang, und nachdem mein Gegner das nicht sah, war die Stellung wieder für mich gewonnen. Oh Mann.

An Brett 6 und 7 ereignete sich dass Kuriosum, dass Lennart und Steffen beide nicht wussten, wo sie spielten, und sich falsch hinsetzten. Dies fiel allerdings erst auf, als Schiedsrichter Frank Bellers die Paarungen vorlas. »Das ist das erste Mal, dass es einen Sinn gehabt hat, dass der Schiedsrichter die Paarungen vorliest«, war Steffens Kommentar nach der Partie. Hoppla.

Lennart indes hatte nach der Eröffnung meinem Empfinden nach schnell Ausgleich und dann Vorteil erzielt, aber der Gegner verfügte über relativ nerviges Gegenspiel. Lennart hat dann einen Bauern gemopst, musste aber eine passive Figurenstellung hinnehmen und hatte ferner einen relativ exponierten König. Gegen Ende hin herrschte vermutlich eine Form von dynamischen Ausgleich, aber dann patzte Lennarts Gegner, vielleicht, weil er unbedingt so das Mannschaftsremis sichern wollte und die Stellung überzog?! Manchmal ist der Spatz in der Hand eben besser als die Taube auf dem Dach, um ein vollkommen ausgelutschtes Sprichwort weiter auszulutschen.

Steffens war mit Weiß sehr schnell unter die Räder gekommen und hatte auch noch mit wenig Zeit zu kämpfen. In einer Schlüsselstellung musste Steffen sich wieder entscheiden, eine Qualität ins Geschäft zu stecken, oder eine schlechtere Stellung weiter zu spielen. »Ich habe nur noch gesehen, was mein Gegner alles an guten Zügen spielen kann und habe mich dann nicht getraut.« Allerdings gab der Gegner post mortem zu, dass er die Qualität sofort genommen hätte. Vielleicht muss man manchmal den zweitbesten Zug machen, weil er praktisch der beste ist? Schachpuristen schlagen im Grab einen Purzelbaum, aber der Praktiker entgegnet, dass entscheidend ist, was am Ende herauskommt. Naja, hier kam raus, dass Werther gewann.

David stand an Brett 8 optisch immer unter Druck. Die h-Bauern haben sich schnell abgetauscht, und es sah so aus, als würde bei den entgegengesetzten Rochaden Weiß schnell Angriff kriegen. Aber irgendwie kam er damit nirgendwo durch, während David schrittweise einen eigenen Angriff aufbaute, der dann in einen sehenswerten Mattangriff mündete. Molotow-Cocktail. Bumm.

Am Ende also doch keine Leiden für die Jugend in Werther, die hier 3/5 holte und so maßgeblich am Mannschaftssieg beteiligt war. Sorry, war doch nur Clickbait.