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Burma - Blog 6 - Bangkok Open 2016

Neues aus Südostasien...

Hallo Thommy, ich spiele vom 10.4 bis zum 17.4 ein Open in Bangkok mit. Wenn ich Zeit habe und einen Computer finde stelle ich einen LIve Bericht auf die Homepage. Liebe Grüße, Daniel

  Montag 11. April 2016

Okay, und hier kommt der Bericht von den ersten Runden. Wie oben angekündigt, spiele ich zur Zeit das sechzehnte Bangkok Chess Club

Open mit. Wer alt genug ist um noch von einer Nacht in Bangkok zu träumen, den muss

ich leider enttäuschen. Bangkok ist ein Moloch mit vielen Menschen, noch mehr

Verkehr und riesigen Einkaufszentren. Von Exotik keine Spur, es sei denn man

freut sich an den westlichen Sex-Touristen. Image removed. Die Organisatoren des BCC haben nach 16 Jahren

die Zeichen der Zeit erkannt und das Sendener

Format eingeführt. Neun Runden Schweizer

System, eine Doppelrunde und ein siebenrundiges

Challengers-Turnier.

Spielort ist das Dusitani Hotel in Bangkok.

Gewissermaßen das erste Haus am Platz und

wohl der luxuriöseste Spielorte meiner Schachkarriere,

obwohl mir natürlich der dezente Turnhallencharme

des Münsterland Opens fehlt.

Am BCC nehmen über 300 Spieler aus 43 Nationen teil. Darunter 13 Groß- und 14 kleine Meister. Die stärksten Spieler sind Vallery Pons und Nigel Short. Stärkster deutscher ist Jan Gustavson. Ich bin Nummer 45 auf der Teilnehmerliste. Als Ziel habe ich mir gesetzt meinen Startplatz zu halten oder ein wenig verbessern. Außerdem möchte ich gegen einen Großmeister und zwei weitere Titelträger antreten.

Meine aktuelle Spielstärke kann ich aber kaum schätzen, da ich seit eineinhalb Jahren keine Turnierpartie mehr gespielt habe. Die Burmesen blitzen nur, und stets um Geld. Das würde einige Schachfreunde sicher freuen, bringt aber nicht wirklich weiter. Auf der Habenseite steht, dass ich in den letzten Monaten recht viel trainiert habe. Da es in Yangon nicht viele Zerstreuungen für mich gibt, nutze ich die Zeit zum Schachspielen. Schließlich soll Münster Eins ja wieder in die NRW Liga aufsteigen :-). Unter anderem habe ich meine Eröffnungskenntisse überholt (Es klaffen allerdings noch erhebliche Lücken - wo sage ich nicht), Taktik geübt und vor allem Endspiele trainiert. Hierbei nutze ich das Buch „Chess endings“ von John Nunn. Absolut empfehlenswert. Allerdings habe ich bis jetzt nur Bauernendspiele abgeschlossen, die eher selten vorkommen. Und meine Erkenntnis nach drei Monaten ist : „Finger weg!“. Bauernendspiele sind entweder trivial oder extrem kompliziert. Es kann einem wirklich Demut lehren, wenn außer den Königen nur noch 4 Puppen auf dem Brett stehen, die jeweils nur ein Feld geradeaus ziehen können und man findet die Lösung trotzdem nicht. Immerhin geht es Spitzenspielern nicht anders. Es ist recht amüsant bei Nunn zu lesen, wie sich gestandene Großmeister im Bauernendspiel die halben Punkte hin und her schieben: „Jetzt ist es gewonnen, jetzt ist es verloren, jetzt ist es remis, jetzt ist es wiedergewonnen.“

Entscheidend für mein Abschneiden dürften aber äußere Gründe sein. Leider schlafe ich vor wichtigen Ereignissen oft schlecht - Bewerbungsgespräch, Schachpartie, Heiratsantrag. Sollte das hier auch der Fall sein, werde ich es schwer haben. Außerdem wird an drei Tagen in dieser Woche in Bangkok „Wasserfestival“ gefeiert. In Myanmar ist das eine landesweite Party mit Discomusik und nun ja, Wasser. Falls die Thailänder auf die Idee kommen auch vor meinen Hotel zu feiern dann ade Elopunkte. Darüber hinaus mag auch der Weg von meinem Hotel zum Spielort recht feucht werden. Ich habe extra einen Plastikbeutel für eine trockene Garnitur eingepackt. Allerdings

hilft das nichts wenn man klatschnass im klimatisierten Skytrain sitzt und

sich eine Erkältung einfängt. All diesen Widrigkeiten zum Trotz ist mir mit 2 ½ Punkten aus 3 ein sehr

guter Start gelungen. Die erste Partie war noch etwas holprig. In der zweiten

habe ich meinen Gegner zusammen geschoben. Das Highlight war aber die

dritte Partie in der ich gegen einen starken schwedischen IM (2407) Elopunkte

remis gespielt habe und zwar nicht durch klammern sondern in einem offenen

Schlagabtausch, in dem mal der eine mal der andere besser stand. Heute

nachmittag geht es weiter. Ich bin gespannt, ob ich es schon in die erste Reihe geschafft habe, und wer mein Gegner sein wird. 

Image removed.

Image removed.

Dienstag 12. April 2016

Tatsächlich habe ich es in die erste Reihe geschafft. Tisch 9 und mein Gegner

ist der indische GM Abhijit Kunte mit 2507 Elo, schluck! Glücklicherweise hat

meine Partie vom Vortage mir einiges von meinem Respekt vor Titelträgern

und hohen Elozahlen genommen. Mein Gegner war stark, ganz ohne Frage,

aber in den Komplikationen der Partie fand er auch nicht immer die beste

Fortseztung und als sich der Pulverdampf verzogen hatte machte er einen

Fehler so dass ich in ein Turmendspiel einlenken konnte, dass Remis war.

Also habe ich mir vorgenommen nicht in Ehrfurcht zu erstarren und munter

mitzuspielen. Und tatsächlich gleiche ich in der Eröffnung aus. Im Mittelspiel

gerade ich unter Druck aber dann macht er einen Sicherheitszug, der es mit

erlaubt eine Festung aufzubauen, die er nicht knacken kann. Remis und das

mit Schwarz! Wenn ich morgen wieder einen Titelträger abbekomme, habe ich

mein erstes Teilziel bereits erreicht.

 

Mittwoch 13. April 2016

Okay, der dritte Titelträger war zu viel. Ein indischer IM mit 2405 Elo. Woran

lag es? Ich habe in der kritischen Stellung schlampig berechnet. Die Variante,

die ich gespielt habe, hatte ein Loch. Während eine andere Variante, die ich

zwar kurz angedacht, aber ohne sie näher zu prüfen, mir Vorteil gebracht hätte.

Nun ja, es war nicht zu erwarten, dass ich das ganze Tunier ohne Niederlage überstehe.

Draußen tobt inzwischen das Wasserfest. Die halbe Stadt ist mit Pumpguns

unterwegs und vor unserem Spielort ist ein Brennpunkt. Es ist aber nicht so

schlimm, wie ich befürchtet habe und ich komme mit nicht mehr als ein paar

Spritzern zum Schach und wieder zurück.

Freitag 15. April 2016 Runde 6 war ein Reinfall. Ich spielte gegen eine Chinesin mit 2060 Elo und

musste mich Bemühen mit Schwarz gegen das Londoner System Gewinnchancen

zu kreieren. Schließlich hatte ich eine Gewinnstellung erreicht und eine

Viertelstunde mehr Zeit auf der Uhr. Ich war aber zu müde um konkrete

Berechnungen anzustellen und verschlechtere meine Stellung Zug um Zug bis

ich am Ende die Dame in ein Abzugsschach stellte. Autsch!

Eine Niederlage, die mein bisher gutes Turnier verdorben hat. In der siebten

Runde bin ich allen Komplikationen mit der Slawischen Abtauschvariante aus dem

Weg gegangen. Meine Gegnerin, diesmal eine Inderin mit 1990 Elo, machte ein

zwei ungenaue Züge, so dass ich am Damenflügel in ihre Stellung eindringen und

die Partie ohne jegliches schwarzes Gegenspiel zum Sieg führen konnte. Jetzt sind

noch zwei Runden zu spielen in denen ich noch anderthalb Punkte holen will. Das

wäre ein versöhnlicher Abschluss.

Samstag 16. April 2016

Gut die erste der zwei Partien habe ich mit Schwarz gegen einen Burmesen mit

ungefähr 2070 Elo sicher gewonnen. Ich hatte schon schlimmes befürchtet, da ich

in der Nacht lange wachlag und mir fest vorgenommen nicht zu versuchen mit

Schwarz auf Biegen und Brechen zu gewinnen. Dankenswerterweise hat er aber

nicht auf Remis gespielt, sonderen einen Angriff am Königsflügel versucht.

Mein Gegenspiel am Damenflügel war allerdings schneller. Jetzt muß ich mch nur noch entscheiden, ob ich Morgen mit Weiß auf Gewinn

spiele oder ein friedliches Remis anstrebe.

Sonntag 17. April 2016

In der letzten Runde gab es nochmal einen starken Gegner für mich. Und zwar

habe ich gegen den zur Zeit jüngsten Internationalen Meister gespielt. Awonder

Liang aus den USA ist 12 Jahre alt, ein bisschen pummelig und hat 2408 Elo.

Entgegen meiner Annahme hatte ich Schwarz, was allerdings keine große Rolle

spielte, da ich ihn in der Eröffnung überraschen und eine ausgeglichene Stellung

mit blockierten Zentrum herbeiführen konnte. Dann aber habe ich mich von

einem Bauernvorstoß am Königsflügel einschüchtern lassen und endete in einer

gedrückten Stellung, die ich nicht halten konnte. 5 aus 9 Endstand. Auf Grund dieser Niederlage konnte ich meinen Startplatz nicht halten, aber

dafür habe ich auch gegen 4 Titelträger gespielt. Nur die Niederlage aus einer

Gewinnstellung in der sechsten Runde wurmt mich. Mein Elozahl hat sich übrigens

um genau 0 Punkte verändert, oder sagen wir, sie wurde bestätigt. Das Turnier

selbst war ausgezeichnet organisiert. Wer mitspielen möchte muß allerdings

mit dem Klima in Südostasien zurechtkommen und Gefallen an Megagroßstädten

haben. 

 

Viele Grüße aus Thailand Daniel